Antrag zum Bezirkshaushalt 2017 - Mittelfränkischer Behindertenrat (MBR)

16. November 2016

Antrag zur Sitzung des Bezirkstages zum Haushaltsbeschluss 2017 am 15.12.2016
Verwaltungshaushalt: Mittelfränkischer Behindertenrat (MBR)

Sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident,

der mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aufgekommene Slogan „Nichts über uns, ohne uns“ bringt einen neuen Anspruch und ein neues Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderungen mit sich. Er steht sowohl für den individuellen Anspruch auf Selbstbestimmung als auch für den politischen Anspruch auf Beteiligung.

Auf kommunaler Ebene wird die Einsetzung von Beauftragten oder die Wahl eines Beirates häufig als Form der Interessenvertretung zur Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen gewählt. Es gibt jedoch weder für die Inhalte der Satzung noch für das Amt des/der Behindertenbeauftragten und die Arbeit von Beiräten auf kommunaler Ebene verbindliche Vorgaben. Somit stellt sich die Vertretungsarbeit und damit die Chance der Durchsetzung der Interessen von Menschen mit Behinderungen sehr unterschiedlich dar. Vertretungsstrukturen müssen folglich so entwickelt werden, dass sie einerseits an gewachsene Strukturen anknüpfen und andererseits transparente Möglichkeiten der Beteiligung bieten.

Einen wichtigen Impuls hat die Vertretung der Interessen von Menschen mit Behinderungen durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) erhalten. Es wird immer wieder hervorgehoben, in welchem Umfang Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen über Nichtregierungsorganisationen, aber auch als Mitglieder der Regierungsdelegationen in den Erarbeitungsprozess der Konvention einbezogen waren.

Politische Teilhabe ist also ein Anliegen der Konvention, das sich wie ein roter Faden hindurchzieht. So heißt es in Artikel 4 der UN-BRK: „Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen und beziehen sie aktiv ein.“ Hiermit ist in deutlicher Form ein Recht auf Partizipation (Teilhabe) festgeschrieben. Ebenso in Artikel 33 der UN-Konvention die Überwachung der Umsetzung der Konvention und in Artikel 29 die politische Partizipation selbst. Partizipation ist ein Grundprinzip demokratischer Gesellschaften.

Mit diesem Antrag für 2017 knüpfen wir an unsere vom Bezirkstag beschlossene Initiative zum Haushalt 2016 an. Hier hieß es: „2016 wird in Zusammenarbeit mit der BAB Mittelfranken und den Behindertenbeauftragten der Kommunen erörtert, wie die Beteiligung von Menschen mit Behinderung an der Arbeit des Bezirks Mittelfranken bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention gefördert werden kann. Im Mittelpunkt soll dabei die Frage stehen, ob ein mittelfränkischer Behindertenrat berufen (…) werden soll“.

Wir stellen dazu folgenden Antrag:

Die Stellungnahmen der im Rahmen der 2016 bei den kreisfreien Städten und Landkreisen durchgeführten Umfrage bei deren Behindertenbeauftragten und/oder Vertretungsgremien von Menschen mit Behinderungen werden ausgewertet und Anfang 2017 den Ausschüssen und dem Bezirkstag vorgelegt.

Auf dieser Grundlage ist über die künftige Form der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung auf der Ebene des Bezirks Mittelfranken zu entscheiden. Hierzu tritt der Bezirk in den Dialog mit der Bezirksarbeitsgemeinschaft der Behindertenvertretungen (BAB) ein. In diesem Rahmen soll über die Gründung eines Mittelfränkischen Behindertenrats (MBR) als öffentliche kommunale Einrichtung beraten werden.

Ggfls. ist vom Bezirk Mittelfranken in Abstimmung mit der BAB eine Satzung nach Art. 23 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern zu erarbeiten und zu erlassen.

Evtl. notwendige Finanzmittel zur Durchführung des Dialogs, z.B. Fahrtkostenübernahme, sollen zunächst aus den Verfügungsmitteln des Bezirkstagspräsidenten oder dem Budget des Sozialreferates zur Verfügung gestellt werden.

In den Dialog sollen aus der Sicht der SPD folgende Überlegungen einbezogen werden:
Im MBR schließen sich alle wichtigen Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen zusammen, um die Interessen der Betroffenen in Mittelfranken verbands- und organisationsübergreifend gegenüber dem Bezirkstag Mittelfranken zu vertreten. Dazu gehört insbesondere auch, auf die Sicherstellung der finanziellen Rahmenbedingungen für die Lebensgestaltung behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen sowie der Arbeit der für sie notwendigen Dienste und der Selbsthilfestrukturen hinzuwirken.

Der MBR ist Ansprechpartner für Menschen mit Behinderung in Mittelfranken und vertritt Einzelpersonen und alle Interessengruppen gleichermaßen.

Der MBR ist unabhängig von politischen Parteien, Kirchen, Organisationen und Verbänden. Er ist weltanschaulich neutral. Er ist den Belangen aller Menschen mit Behinderungen in Mittelfranken gleichermaßen verpflichtet.

Der MBR berät als Sachverständigengremium den Bezirkstag, dessen Ausschüsse und die Bezirksverwaltung in allen Fragen, die behinderte Menschen in ihrem Bezug zum Bezirk Mittelfranken betreffen. Er gibt Empfehlungen ab insbesondere in den Bereichen Baumaßnahmen, Herstellung von Barrierefreiheit in Gebäuden der Bezirkseinrichtungen, bei Veröffentlichungen u.a.

Der MBR wirkt hin auf Förderung und Stärkung von Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung in allen gesellschaftlichen Bereichen des Bezirks Mittelfranken.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Gisela Niclas
Fraktionsvorsitzende

Amely Weiß
Beauftragte des Bezirks Mittelfranken für die Belange von Menschen mit Behinderung

Die Bezirksräte und Bezirksrätinnen der SPD-Bezirkstagsfraktion:
Wolfgang Beigel, Dr. Horst Krömker, Christa Naaß, Ronald Reichenberg, Elke Zahl