Antrag zur Sitzung des Sozialausschusses am 28. Juni: Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen nach stationärem Aufenthalt in der Akutpsychiatrie

01. Mai 2022

Sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident Kroder,

unter den Tagesordnungspunkten „Wohnen Psychisch Erkrankte mit Pflegebedarf“ ((25.11.21) und „Fehlbelegung in Kliniken“ (29.3.2022) wurde das Thema „Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen nach stationärem Aufenthalt in der Akutpsychiatrie“ im Planungs- und Koordinierungsausschuss (PKA) wegen steigendem Bedarf seit 2021 bereits zwei Mal behandelt. Es wurden Einrichtungen vorgestellt; es wurde aber auch festgestellt, dass nach wie vor Kapazitäten fehlen und es schwierig ist, notwendige Anschlussversorgung nach Klinikaufenthalten sicher zu stellen. Außerdem fehlt ein lückenloser Überblick über das in Mittelfranken vorhandene Versorgungsnetz.

Immer wieder kommt es zu unnötig langen Verweildauern in der Akutpsychiatrie. Häufig werden Betreuungsplätze bei längerem Klinikaufenthalt vom Träger z.B. wegen ausfallender Finanzierung gekündigt. Patient*innen müssen dann entweder länger in der Klinik bleiben oder auf andere Einrichtungen in Mittelfranken oder in andere bayerischen Bezirken bzw. Bundesländern ausweichen. Dies wird zurecht nicht nur von den Psychosozialen Arbeitsgemeinschaften (PSAGen) sondern auch von Selbsthilfegruppen, Patientenvertretungen und Angehörigenorganisationen kritisiert.

Es geht um Menschen, die aufgrund der Schwere ihrer Krankheit immer wieder stationäre Behandlung benötigen, aber auch Menschen, die sich nach langem Aufenthalt in der Forensik schwer tun, sich aus eigener Kraft wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Eine angemessene Versorgung muss deren individuelle Situation berücksichtigen. Das Versorgungsnetzwerk muss daher unterschiedliche Angebote von beschützenden Einrichtungen bis hin zu betreutem Gruppen- und Einzelwohnen bereithalten.

Wenn Inklusion wenigstens ansatzweise gelingen soll, muss gewährleistet werden, dass Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen nach der Akutpsychiatrie immer wieder in eine Einrichtung bzw. in ein Setting zurückkehren können, das sie kennen und das sie als ihr Zuhause erleben können. Das ist in Mittelfranken derzeit nicht durchgängig gewährleistet.

Wir beantragen

  • die schnellstmögliche vollständige Bestandsaufnahme der Einrichtungen und Angebote für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen unter Einbeziehung aller Träger einschließlich der der psychiatrischen Kliniken.

  • Wenn möglich soll auch aufgezeigt werden, wie viele Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen derzeit in Einrichtungen innerhalb und außerhalb von Mittelfranken und Bayern leben und im Rahmen der Eingliederungshilfe versorgt werden.

  • die Aktivierung der Arbeitsgruppe „Bedarf in der Psychiatrie“ unter Beteiligung der Politik und Klärung, welcher Bedarf besteht und wie schnell ggfls. bereits bestehende Angebote ausgebaut werden müssen und welche neue Angebote entwickelt werden können.

  • Es soll ein Versorgungskonzept entwickelt werden, dass den ermittelten Bedarf abdeckt und dabei den Prinzipien der Inklusion und Gemeindenähe folgt. Die Erfahrungen anderer Bezirke und Bundesländer sind dabei einzubeziehen.

  • Die Sozialverwaltung wird gebeten, prioritär, d.h. noch in diesem Jahr, zusammen mit der Arbeitsgruppe „Bedarf in der Psychiatrie“ und dem Kommunalunternehmen Bezirkskliniken ein Zukunftskonzept für die soziotherapeutischen Wohnheime zu entwickeln, das den o.g. Anforderungen entspricht.

  • Im Rahmen dieser Arbeit ist auch die Frage zu klären, ob und in welcher Weise das geltende Heimmoratorium hinterfragt werden muss.

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Niclas & Sven Ehrhardt
Fraktionsvorsitzenden