Stellungnahme der SPD-Bezirkstagsfraktion zum Haushalt 2023

06. Dezember 2022

Sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident, sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin, sehr geehrte Frau Bezirksdirektorin, sehr geehrte Mitarbeitende aus dem Bezirksrathaus, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein Haushalt ist so etwas wie eine Landkarte, die uns Bezirkspolitiker*innen, den Mitarbeitenden und dem Bezirk Mittelfranken den Weg durch das kommende Jahr aufzeigt und die Ziele festlegt, die wir gemeinsam erreichen möchten. Kennen Sie dabei das Gefühl, wenn Sie zu einer Bergwanderung aufbrechen und bereits beim Loslaufen ahnen, da kommt ein Wetter auf uns zu? Ein bisschen so fühlt sich der Gang in das Jahr 2023 an.

Denn die steigenden Energie- und Sachkosten im Zuge des Ukraine-Konflikts, höhere Personalkosten und damit auch steigende Entgelte für die sozialen Träger zeichnen sich bereits heute am Planungshorizont ab. Stehen bleiben oder gar umkehren ist jedoch keine Option. Denn wir laufen eben nicht für uns oder unser privates Vergnügen.

Alleine im Sozialetat bewegen wir voraussichtlich 893 Millionen Euro für Menschen, denn es sonst nicht gelingen würde, aufgrund von Behinderung oder ähnlichen Gründen Schritt zu halten und denen der Bezirk als überörtlicher Sozialhilfeträger mit der Finanzierung unterschiedlicher Hilfsangebote unter die Arme greift und auf die Füße hilft.

Dabei ist es gut, dass wir auch im kommenden Jahr den Ausbau der psychosozialen Hilfen und die Umsetzung der Ergebnisse des Runden Tisches Sucht konsequent fortsetzen. Wenn jemand auf seinem Lebensweg in seelische Abgründe stürzt, ist es wichtig, dass ein dichtes Netz an Hilfsangeboten gespannt ist, dass ihn auffängt, ihn aufrichtet und zurück in die Mitte der Gesellschaft führt. Dieses Auffangnetz an Beratungsangeboten und sonstigen Einrichtungen mehr und mehr enger zu knüpfen, ist eines der wichtigsten Anliegen meiner Fraktion. Daher haben wir auch 2022 einen Antrag zum Ausbau der psychosozialen Hilfen gestellt.

Menschen, die selbst aufgrund einer Erkrankung einen schwierigen Lebensweg gemeistert haben, können andere Menschen bei ihrem Genesungsprozess begleiten. Hierauf zielt unser Antrag auf Förderung von EX-IN-Genesungsbegleitenden ab.

Die wirtschaftliche Landschaft, in der sich der Bezirk Mittelfranken bewegt, wird in den kommenden Jahren möglicherweise rauer. Schwindende finanzielle Spielräume könnten dazu führen, dass wir manch grundsätzliche Marschrichtung bzw. Prioritätensetzung diskutieren müssen. Gleichzeitig türmen sich vor uns mit Blick auf die mittelfristige Finanzplanung Berge an Herausforderungen auf, wenn ich nur an unsere dringend notwendigen Schulbauten, die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes oder die Strukturveränderungen im Zuge des Kinder-Jugendstärkungsgesetzes denke.

Zugegeben, die Gipfel die wir in den kommenden Jahren ansteuern werden, heißen nicht Zugspitze, Watzmann oder Nebelhorn. Wobei letzterer Berg sinnbildlich für manche Unklarheit stehen kann, mit der wir beispielsweise in den Anstieg zum Neubau des Zentrums für Hörgeschädigte gehen. Bis wir unser fertiges inklusives Leuchtturm-Projekt erreicht haben, wird es in den kommenden Jahren noch ein weite, uns fordernde Strecke werden. Entscheidend ist, dass zwei Weggefährten, der Bezirk Mittelfranken und die Stadt Nürnberg sich beim Ziel und idealerweise auch der Route dahin einig sind. Interessant wird es sein, wie schnell es uns nun gelingt, das erste Etappenziel, den Interimsbau, zu erreichen.

Es ist dringend erforderlich, dass die Bundes- und Landespolitik mit Reformen für Rücken- statt Gegenwind für unsere Bezirkskliniken sorgen. Denn sonst droht diese wichtige Anlaufstelle der öffentlichen Gesundheitsvorsorge in ein finanzielles Unwetter zu geraten - Ohne, dass unser Kommunalunternehmen dabei in den vergangenen Jahren selbstverschuldet eine falsche Abzweigung oder ähnliches genommen hätte. Denn die Rahmenbedingungen, die Refinanzierungsbedingungen, das Gelände, in dem sich unsere 3.000 Beschäftigten des Kommunalunternehmens in den wichtigen Arbeitsfeldern der Psychiatrie und Neurologie betätigen, ist längst ins Rutschen geraten.

Längst nicht mehr tragfähig ist an manchen Stellen auch die bauliche Struktur der Einrichtungen unserer Kliniken und damit die Betreuungsqualität sowie die Arbeitsplatzbedingungen für unsere dortigen Beschäftigten. Die Frage, welche Versorgungsangebote in den Rucksack der Bezirkskliniken für ihren weiteren Weg gehören und welche ggf. nicht mehr, wird uns auch im kommenden Jahr bewegen. Oberstes Gebot bei allen strategischen Kurskorrekturen muss sein: Die Menschen, die von unseren Angeboten profitieren und die Mitarbeitenden, die mit ihrem großartigen Engagement die Bezirkskliniken tragen, dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Daher wird die SPD-Fraktion bei allen Überlegungen zur Abgabe von Einrichtungen an privatwirtschaftliche Unternehmen die Bremse ziehen.

Eine Frage, die wir jedes Jahr am gemeinsamen Startpunkt diskutieren, ist mit wie viel finanziellem Proviant im Sinne der Bezirksumlage wir ins Haushaltsjahr laufen. Dabei gilt es den Spagat zu machen aus der Solidarität den kommunalen Weggefährten gegenüber und der eigenen klugen Ressourcenplanung, damit uns auf halber Strecke nicht das Geld ausgeht. Ein ganzes Gebirge an Herausforderungen liegen jedoch auch vor den Städten, Gemeinden und Landkreisen. Eine leichte Hebesatzsenkung kann den Umlagezahlern daher zusätzliche finanzielle Kraft geben. Ein kluger Wanderer plant oft so wie es unserer Kämmerer tut, so dass er nach vollendeter Haushaltstour zu meist noch mit Reserven ankommt, damit aber auch auf zusätzliche Wegstrecken oder Unwetter vorbereitet ist. Es freut uns, dass wir auch 2022 aller Voraussicht nach mit einem finanziellen Polster ins Haushaltsfinish gehen können.

Nationale Grenzen gab es auf der Wanderung durch mein bisheriges Leben bis dato kaum mehr. Und doch beobachten wir alle, wie im Jahr 2022 in den Köpfen der Menschen unterschiedlicher Länder mehr und mehr Mauern entstehen und der Prozess des europäischen Zusammenlaufens ins Stocken gerät.

Der Bezirk Mittelfranken tut sehr gut daran, dass er den Weg der Völkerverständigung zielstrebig weitergeht und mit Südmähren auf Antrag der SPD-Fraktion eine weitere Regionalpartnerschaft eingeht. Ein Gewinn für unser gemeinsames Europa ist es auch, wenn Kinder und Jugendliche Nationen übergreifend zusammenkommen. Deswegen sollten wir auch unsere bezirkliche Förderung des Jugendaustausches mit unseren Partnerregionen zwingend fortsetzen.

Abgesehen vom Hesselberg und Moritzberg ist Mittelfranken nicht mit allzu hohen Bergen gesegnet, wohl aber wunderschönen Seen, die nach einem schweren Arbeitsgang zum Verweilen und Erholen einladen. Vor allem aber geben sie aus meiner Sicht dem Bezirk über seine Beteiligung in den Zweckverbänden Rothsee, Brombachsee und Altmühlsee ein Gesicht. Mit der von uns als SPD beantragten Mittelerhöhung für das Sonderförderprogramm können wir nicht nur die Verwirklichung unserer gemeinsamen Ziele der Nachhaltigkeit und Inklusion im Seenumfeld voranbringen, sondern auch offensiv für die kostspielige Werterhaltung und Modernisierung der Infrastruktur voranschreiten.

Die politischen Debatten hier im Bezirkstag kennen viele Höhen und nur wenige Tiefen. Meist sind wir uns einig, wie wir unseren Bezirk Mittelfranken durch die vielfältigen politischen Themenfelder, bei denen wir Verantwortung tragen, navigieren. Eines ist für einen Demokratenin, Sozialdemokratenin, klar: Rechts vom Weg lauert der Abgrund und wir dürfen nicht in Versuchung geraten, den einfachen Antworten oder Anbiederungsversuchen der Rechtspopulisten zu folgen. Daher ist es uns als SPD wichtig, dass der Bezirk Mittelfranken weiterhin an der Spitze der Bewegung gegen Rechtsextremismus und Nationalismus läuft und im kommenden Jahr den beschlossenen Fachtag zum Thema Rechtsextremismus und Reichsbürgertum organisiert. Es wäre schön, wenn es uns gelänge, den Weg dorthin etwas zu beschleunigen.

Zu lange dürfen auch die Wege generell in unser Bezirksrathaus und den dortigen Sachbearbeitern*innen nicht sein. Auch in den kommenden Jahren sollten wir hier gemeinsam daran arbeiten, dass der Zugang zum Bezirk für Hilfesuchende möglichst ohne bürokratische Steine, quasi barrierefrei und niederschwellig, ist. Eine weitere Dezentralität des Bezirksrathauses könnte hier ein Ansatz sein, den Bezirk näher an die Menschen zu bringen.

Ein wertvoller Kompass für die politischen Entscheidungswege, die wir in diesem und dem kommenden Jahr gehen werden, bilden die Ehrenamtlichen des mittelfränkischen Behindertenrates aber auch die vielen Kolleginnen und Kollegen aus den Bezirkseinrichtungen sowie alle Personalräte*innen, die uns mit klugen Ratschlägen zuweilen auf den richtigen Abstimmungspfad führen. Für Ihr Engagement an dieser Stelle vielen Dank!

Abschließend danke ich dem Bezirkstagspräsidenten Armin Kroder, der sich oft als kluger Lotse der Bezirkspolitik erweist und die unterschiedlichen Richtungen in der politischen Debatte auf ein gemeinsames Ziel zu vereinen weiß. Danke auch der Bezirksdirektorin Manuela Eppe-Sturm, die an der Spitze dafür Sorge trägt, dass der Motor unseres Bezirks, die wichtigen Arbeit unserer 1.500 Beschäftigten reibungslos laufen kann. Jeder Mitarbeitende, jeder Personalrat, Personalrätin leistet tagtäglich einen unverzichtbaren Beitrag für das Vorankommen unseres Bezirks Mittelfranken – herzlichen Dank dafür. Last but not least gebührt Ihnen, sehr geehrter Herr Fritz Weispfenning und Ihrem Team unser Dank, ist es Ihnen und Ihrem Team doch einmal mehr gelungen, die vielen kleinen Koordinaten der Bezirkspolitik 2023 in einen ganzheitlichen Bezirkshaushalt zu vereinen. Die SPD-Fraktion geht den aufgezeigten Weg mit und wird dem Haushalt zustimmen.

Sven Ehrhardt, SPD-Bezirkstagsfraktion

Ansbach/Weidenbach, den 6. Dezember 2022

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