Bei nur einer Gegenstimme wurde am 15. Dezember 2016 der Bezirkshaushalt für das Jahr 2017 beschlossen. Die SPD-Bezirkstagfraktion konnte wichtige Verbesserungen erreichen, vor allem beim Ausbau der psychosozialen ambulanten Hilfen: 400 000 € zusätzlich sollen 2017 in diesen Bereich fließen. Ein Schwerpunkt wird dabei bei der Verbesserung der psychosozialen Beratung für Suchtkranke gesetzt.
Dringender Handlungsbedarf in der Suchthilfe
Am Runden Tisch „Sucht“ des mittelfränkischen Bezirkstages, der seit April 2016 unter Leitung der stellvertretenden Bezirkstagspräsidentin Christa Naaß (SPD) tagt, ist neben der Frankenmetropole besonders für Erlangen Handlungsbedarf festgestellt worden. Schwierig ist die Versorgungslage in Mittelfranken aber insgesamt.
Es fehlt sowohl an Möglichkeiten medizinischer Substitution als auch an notwendiger psychosozialer Beratung. Die Nürnberger Kapazitäten sind überlastet, Betroffene müssen seit Jahren z.B. nach Coburg ausweichen. Dazu Fraktionsvorsitzende Gisela Niclas: „Das ist für Menschen, die von der Sucht loskommen wollen, ein unhaltbarer Zustand. Wir brauchen dringend die Verbesserung der wohnortnahen Versorgung.“
Mit dem Haushaltsbeschluss hat der Bezirkstag zugleich die Weichen gestellt, die Beratung ab 2017 auszubauen. Voraussetzung hierfür – aber schwieriger zu bewerkstelligen – ist die notwendige Schaffung einer Anlaufstelle v.a. in Erlangen, wo unter ärztlicher Verantwortung substituiert wird. Ebenfalls unter Leitung von Frau Naaß arbeitet an diesem Ziel eine Expertengruppe, der unter anderem der ärztliche Direktor der Bezirkskliniken und die kassenärztliche Vereinigung angehören.
Weitere SPD-Erfolge
Ab 2017 wird der Bezirk Mittelfranken einen mit 5000 € ausgestatteten Inklusionspreis ausschreiben. Laut Satzungsbeschluss können sich die Träger*innen inklusiver Projekte und Aktivitäten selbst bewerben. Darüber hinaus wird in 2017 im Dialog mit der Bezirksarbeitsgemeinschaft der Behindertenvertretungen (BAB) über die Einrichtung eines Mittelfränkischen Behindertenrats (MBR) als öffentliche kommunale Einrichtung des mittelfränkischen Bezirkstages beraten. Dazu SPD-Bezirksrätin Amely Weiß, zugleich Behindertenbeauftragte der Bezirks Mittelfranken: „Damit sollen gemäß dem Motto der Behindertenrechtskonvention "nicht über uns ohne uns" nicht nur gelungene Beispiele von Inklusion bezirksweit anerkannt und bekannt gemacht werden, es sollen auch konkrete Schritte zur Beteiligung von Menschen mit Behinderung an politischen Entscheidungen des Bezirks gemacht werden.“
Um ein Signal gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zu setzen, wird neben einer Verbesserung der Finanzausstattung für den Bezirksjugendring und die Medienfachberatung der Zuschuss für das bezirksweit erfolgreich aktive DokuPäd in Nürnberg auf die benötigten 25 000 € aufgestockt.
In 2017 werden 10 000 € Fördermittel bereitgestellt zur Unterstützung der Sportvereine bei der Weiterbildung von Übungsleiter*innen im Bereich Inklusion. Antragstellung und Verteilung soll – ganz im Sinne der Behindertenrechtskonvention – über den BLSV erfolgen.
Die bereits vor zwei Jahren von der SPD initiierte Aufnahme von Kontakten zu Tschechien bzw. der Region Südmähren werden im Rahmen der Förderung von Regionalpartnerschaften und Völkerverständigung verstetigt. Auf Antrag der Sozialdemokraten wird von der Gesamtsumme von 65 000 € ein vierstelliger Betrag in Höhe von 5000 € für die Fortsetzung einer in 2016 bereits erfolgreich durchgeführten Jugendbegegnung bereit gestellt. Dazu SPD-Bezirksrätin und stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Christa Naaß: „Diese Entscheidung ist besonders wichtig in Zeiten, in denen die EU uneinig und handlungsschwach ist. Die Idee, die Vision eines friedlichen Europas ohne Grenzen braucht immer wieder neue Impulse!“
Eine Position im Haushalt 2017 wird von den Sozialdemokraten besonders begrüßt: Das von der SPD bereits vor drei Jahre beantragte Modellprojekt „Schulbegleitung in der Regie der Schule“, das im Bereich der staatlichen Schulen wegen der andauernden Weigerung des Kultusministeriums bisher nicht erprobt werden konnte, wird in Zusammenarbeit mit den Montessori-Schulen Erlangen und Nürnberg durchgeführt. Für die notwendige Evaluation werden 25 000 € bereitgestellt.
Politischer Kompromiss bei der Bezirksumlage
„Die Anhebung der Bezirksumlage um 0,2 Hebesatzpunkte war angesichts der gleich starken politischen Kräfteverhältnisse im Bezirkstag ein politisch unumgänglicher Kompromiss, aber finanzpolitisch nicht nötig“, so SPD-Bezirksrat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Dr. Horst Krömker zum Anstieg der Bezirksumlage von 22,9 auf 23,1 Punkte.
Bei einem Haushaltsvolumen von rund 886 Millionen € hätte nach Auffassung der SPD eine Deckungslücke von am Ende ca. 4 Millionen € auch anders geschlossen werden können. Es wäre finanzpolitisch nicht nur vertretbar, sondern angesichts aktueller Zinssätze für Kommunalkredite in Höhe von 0,02 % zur Entlastung besonders der kreisfreien Städte als Umlagezahler auch geboten gewesen, einen höheren Betrag des 14,7 Millionen € umfassenden Investitionsprogramms für 2017 im Baubereich über Kredite zu finanzieren.
6,3 Mio. € und damit eine 100-prozentige Kreditfinanzierung für die bauliche Erweiterung des Bezirksrathauses konnten durchgesetzt werden. Kritikern einer höheren Verschuldung hatte die SPD-Fraktionsvorsitzende in ihrer Haushaltsrede entgegengehalten, dass die Kreditbewirtschaftung jederzeit gesichert sei, weil sie umlagewirksam ist. Höherer Verschuldung stehe ein entsprechender höherer Wertzuwachs im Immobilienbestand gegenüber. In dieser Einschätzung befinden sich die Sozialdemokraten auf einer Linie mit den Umlagezahlern; besonders auch der Schwabacher CSU-OB und der der CSU angehörende Kämmerer von Erlangen und hatten bei Gesprächen im Vorfeld für diese finanzpolitische Linie plädiert. „Immerhin“ , so Bezirksrat Dr. Krömker „ist es gelungen, die bei der Einbringung des Haushaltes vom Bezirkskämmerer berechnete Erhöhung um knapp 1 Hebesatzpunkt zunächst auf 0,5 und in mehreren Fraktionsgesprächen bis unmittelbar vor Sitzungsbeginn auf zuletzt 0,2 Punkte zu reduzieren.“
Kritik an unzulänglicher Erstattung der Jugendhilfekosten für junge Flüchtlinge
In ihrer Haushaltrede hatte Niclas deutlich die völlig unzulängliche Erstattung der Jugendhilfekosten der Bayerischen Staatsregierung für die jungen Flüchtlinge kritisiert: „Während andere Bundesländer sich gesetzeskonform verhalten und den Kommunen alle Kosten erstatten, handelt der Freistaat hier – wie bei der Integration insgesamt – ausgesprochen restriktiv. Jugendhilfe steht in ganz Deutschland allen zu, ohne Ansehen von Hautfarbe oder Nationalität.“
Bei der Fokussierung ausschließlich auf diese Kosten unter völliger Ausblendung des Kostenanstiegs in anderen sozialen Bereichen, z.B. bei Pflege und Eingliederungshilfe, entstehe schnell der Eindruck, allein die Flüchtlinge seien schuld an steigenden Sozialkosten. Das sei politisch höchst problematisch. Es berge die Gefahr, fremdenfeindliche rechte Kräften regelrecht anzufeuern.