Bezirkstag beschließt Beteiligung am Projekt „Gedenkort Hupfla Erlangen Bezirksrätin Gisela Niclas: „Ein wichtiges Signal für Respekt und Achtung der Menschenwürde“

20. Mai 2021

Kachel zu Hupfla

Pressemitteilung

Triesdorf/Erlangen, 20.05.2021

„Das ist der bedeutendste Beschluss des Tages“, so die Erlanger Bezirksrätin und SPD-Fraktionsvorsitzende Gisela Niclas zur Entscheidung des mittelfränkischen Bezirkstages, sich am Projekt „Gedenkort Hupfla Erlangen“ zu beteiligen. Sie wertet es als ein gutes Zeichen, dass der Bezirk seine eigenen Kompetenzen und Erfahrungen im Bereich der Aufarbeitung der NS-Zeit und der Euthanasiemorde einbringt und hofft, dass auch der Bezirk Oberfranken bald folgt. Beide Bezirke waren während des Faschismus gleichgeschaltet.

Der breite öffentliche Diskurs habe in Erlangen und weit darüber hinaus dazu geführt, dass ein Teilerhalt des ehemaligen Gebäudes der Heil- und Pfleganstalt durchgesetzt werden konnte. Für den Denkmalschutz sei das sicher keine befriedigende Lösung; aber für die künftige Dokumentation von Forschungsergebnissen und die medizinethische und gesellschaftspolitische Debatte an diesem Ort werde das Gebäude-Teilstück immer auch dafür stehen, dass es Jahrzehnte brauchte, ehe die Vernichtungsmedizin der Nationalsozialisten zum öffentlichen Thema gemacht werden konnte.

Niclas hob in ihrer Stellungnahme im Bezirkstag besonders die Rolle der Friedrich-Alexander-Universität hervor. Die Verknüpfung des Gedenkortes mit interdisziplinärer Forschung und Lehre, die Entwicklung eines Forschungsfeldes Disability Studies und die Absicht, einen Lehrstuhl dafür zu schaffen, zeige, dass sich hier etwas Neues entwickle, das über Gedenken und Erinnern weit hinausweise. Es entstehe ein integrativer und partizipativer Bildungsort mit der Aufgabe, Inklusion für Alle zum selbstverständlichen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu machen. Hier liege auch eine der Hauptaufgaben der Bezirke in der Gegenwart.

„In einer Zeit, in der sich in unserer Gesellschaft einerseits die demokratischen Kräfte in der Politik und der Großteil der Bürgerinnen und Bürger zu Integration und Inklusion bekennen, andererseits aber rechtsextreme, demokratiefeindliche Kräfte, die auf Ausgrenzung und Abschottung setzen, bedenklichen Zulauf haben, ist der heutige Beschluss auch und vor allem ein wichtiges Signal für Respekt und Achtung der Menschenwürde.“

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Sitzung des Bezirkstages am 20.5.2021

Stellungnahme der SPD-Bezirkstagsfraktion zu TOP 6 „Sachstand zum Gedenkort ehem. Hupfla Erlangen“

Gisela Niclas Bezirksrätin, Vorsitzende der SPD-Fraktion

Anrede,

Für die SPD-Fraktion und für mich persönlich ist dies heute der bedeutendste Beschluss des Tages. Wir begrüßen ausdrücklich die heutige Vorlage und werden ihr zustimmen.

Wir bringen als Bezirk Mittelfanken unsere Kompetenz und unsere Erfahrungen bei der Aufarbeitung der Euthanasiemorde ein in den in Erlangen entstehenden Gedenk-, Erinnerungs- und Lernort. Sowohl das Kulturreferat als auch das Kommunalunternehmen Bezirkskliniken sind seit Jahren im Kontext der Erforschung der Geschichte des Bezirks in der NS-Zeit tätig.

Ein aktueller Schwerpunkt liegt in der Arbeit mit Angehörigen, mit Nachkommen der damals ermordeten Menschen. Besonders dafür ist es höchste Zeit.

Für die Arbeit, die bisher geleistet wurde und wird, möchte ich ausdrücklich Dank sagen.

Unser Bezirk unterstützt darüber hinaus das Forschungsprojekt von Professor Leven; ich erinnere heute auch an die Präsentation der Ausstellung „Plötzlich gestorben – NS-Rassenhygiene 1933-45“ im Bezirksrathaus im Frühjahr 2018.

Diese Ausstellung, die das Zentrum selbstbestimmtes Leben (ZSL) in Zusammenarbeit mit der „gruppo diffuso“ und dem Stadtarchiv Erlangen zusammengestellt und in Erlangen gezeigt hatte, beschäftigte sich mit den ideologischen Hintergründen der Euthanasie-Morde, die in die Zeit weit vor der Nazidiktatur zurückreichen.

Auf einen gemeinsamen Antrag von CSU und SPD vom April 2018 hin hat sich der Bezirkstag nicht nur einstimmig dafür ausgesprochen, die Geschichtsaufarbeitung zu verstärken, sondern auch für den Erhalt des letzten Gebäudeteils der Erlanger Heil- und Pfleganstalt einzutreten. Wie wir alle wissen, hat auch die Stimme, die der Bezirkstag von Mittelfranken erhoben hat, die bayerische Staatsregierung nicht vom Erhalt des gesamten Gebäudes überzeugen können.

Der öffentliche Diskurs, u.a. getragen vom Aktionsbündnis „Gedenken gestalten – Hupfla erhalten“, hat aber in Erlangen und weit darüber hinaus dazu geführt, dass zumindest ein Teilerhalt politisch durchgesetzt werden konnte. Für den Denkmalschutz sicher keine befriedigende Lösung; aber für die künftige Dokumentation und die medizinethische und gesellschaftspolitische Debatte an diesem Ort wird das Gebäude-Teilstück immer auch dafür stehen, dass es Jahrzehnte brauchte, ehe die Vernichtungsmedizin der Nationalsozialisten zum öffentlichen Thema werden konnte.

Das Innenministerium mit Minister Joachim Herrmann an der Spitze hat die Förderung des Gedenkortes zur Chefsache gemacht.

Die FAU bekennt sich zu diesem Projekt. Die Verknüpfung des Gedenkortes mit interdisziplinärer Forschung und Lehre, die Entwicklung eines Forschungsfeldes Disability Studies und die Absicht, einen Lehrstuhl dafür zu schaffen, zeigen, dass sich hier etwas Neues entwickelt, das über Gedenken und Erinnern weit hinausweist. Es entsteht ein integrativer und partizipativer Bildungsort mit der Aufgabe, Inklusion zum selbstverständlichen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu machen.

Die Teilhabe an dieser Gegenwartsaufgabe ist für uns als Bezirk ebenso wichtig wie die gründliche Aufarbeitung der NS-Geschichte der Euthanasie. Die SPD-Fraktion begrüßt daher, dass nicht nur wir als Bezirk Mittelfranken, sondern auch der Bezirk Oberfranken sich an diesem Projekt beteiligen werden.

In einer Zeit, in der sich in unserer Gesellschaft einerseits die demokratischen Kräfte in der Politik und der Großteil der Bürgerinnen und Bürger zu Integration und Inklusion bekennen, andererseits aber rechtsextreme, demokratiefeindliche Kräfte, die auf Ausgrenzung und Abschottung setzen, bedenklichen Zulauf haben, ist der heutige Beschluss auch und vor allem ein wichtiges Signal für Respekt und Achtung der Menschenwürde.