Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags im oberfränkischen Kloster Banz

Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags im Kloster Banz

21. Juli 2016

Resolution für Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) verabschiedet

Am 7. und 8. Juli 2016 tagte die Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags im oberfränkischen Kloster Banz. Die mittelfränkische SPD-Bezirkstagsfraktion wurde von ihrer Fraktionsvorsitzenden Gisela Niclas und von Christa Naaß, der Stellvertreterin des Bezirkstagspräsidenten, vertreten.

Die Vollversammlung verabschiedete eine Resolution für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG). Bayern ist das einzige Bundesland, in dem es ein solches Psych-KHG noch nicht gibt. Das Gesetz soll Hilfe- und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankungen regeln und das derzeit noch geltende Unterbringungsgesetz aus dem Jahre 1992 ablösen. Bayern hat die höchste Zahl von stationären Einweisungen, doch die Staatsregierung drückt sich um die Verantwortung und lässt Städte, Gemeinden und Bezirke die ambulanten Hilfestrukturen zahlen.
Hier gelangen Sie zu der Resolution des Bayerischen Bezirketags zum PsychKHG

Die Vollversammlung ist das oberste Organ des Bayerischen Bezirketags. Ihr gehören 71 Delegierte aus den sieben bayerischen Bezirkstagen an. Zu den Aufgaben der Vollversammlung zählen v.a. die Wahl des Präsidenten des Bayerischen Bezirketags (und seiner Stellvertreter), die Festlegung kommunalpolitischer Leitlinien, die Entgegennahme des Tätigkeitsberichtes sowie der Beschluss über den Haushalt des Bayerischen Bezirketages und seiner Geschäftsstelle. Mehr dazu unter www.bay-bezirke.de.

Bayerische SPD-Bezirksräte bei der Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags 2016
Bayerische SPD-Bezirksräte bei der Vollversammlung; von links: Helga Hügenell (Bezirkstag von Oberbayern), Marion Schäfer-Blake (Bezirkstag von Unterfranken), Wolfgang Bähner (Bezirkstag von Schwaben), Mike Malm (Bezirkstag von Oberbayern), Christa Naaß (Bezirkstag von Mittelfranken).

Alljährlich legt der Präsident des Bayerischen Bezirketags in Zusammenarbeit mit den einzelnen Referaten einen Tätigkeitsbericht vor. Dieser gibt einen guten Einblick über das vielfältige Aufgabengebiet des Bayerischen Bezirketages: Die übergeordneten Themenblöcke sind Soziales, Gesundheitswesen, Kulturarbeit, Umwelt und Fischereiwesen, Härtefallkommission, Kommunalrecht, Bildungswerk, Höhere Kommunalverbände und Haushalt.

Im Bereich Soziales war der Bayerische Bezirketag im vergangenen Jahr u.a. mit dem Pflegestärkungsgesetz I und II, dem geplanten Bundesteilhabegesetz, dem Thema Schulbegleitung und einem Modellprojekt zur Förderung der Inklusion bei der Teilhabe am Arbeitsleben befasst. In der Jugendhilfe sorgte u.a. die Kostenerstattung für unbegleitete Kinder, Jugendliche und junge Volljährige für Handlungsbedarf. Im Bereich Gesundheitswesen beschäftigten den Bayerischen Bezirketag bspw. das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG), das Psychiatrie-Entgeltsystem, die Reform der Pflegeberufe, die Auswirkung der Flüchtlingsproblematik auf die psychiatrische Versorgung. Und auch das Thema Drogenkonsumräume fällt in diesen Tätigkeitsbereich. Der Tätigkeitsbericht ist in Kürze auf der Homepage des Bayerischen Bezirketages abrufbar.

Der Sprecher der SPD-Fraktion in der Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags, Gerhard Wimmer, nahm in Banz zu dem Tätigkeitsbericht Stellung. Er lobte die umfangreiche Darstellung, die zeige, wie wichtig die Arbeit des Bezirketages als politisches Gremium geworden ist und dass dieser eine bedeutsame Position im Verbund der kommunalen Spitzenverbände innehabe. Auf einige Punkte des Tätigkeitsberichts ging Wimmer in seiner Stellungnahme näher ein. So müssten die Forderungen des Bayerischen Bezirketags in Bezug auf das Thema Schulbegleitung weiterhin aufrechterhalten werden. Die Situation ist brisant: die Fallzahlen stiegen von ca. 400 Schulbegleitungen in 2008, auf fast 4000 im laufenden Schuljahr. Dementsprechend stiegen auch die Kosten von rund 13 Mio. € in 2009, auf aktuell über 60 Mio. €. Die bayerischen SPD-Bezirkstagsfraktionen unterstreichen daher ihre Forderung, dass die Zuständigkeit für diese Leistung dringend neu geregelt werden müsse. Die bayerische Staatsregierung und insbesondere das Kultusministerium müssen sich diesem Anliegen endlich annehmen. Ebenso ist in diesem Zusammenhang die Frage nach Qualifikation der Schulbegleiter zu klären. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bayerischen Bezirketag unterstrich, dass man hier mit den Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Josef Mederer, CSU, an einem Strang ziehe. Die gemeinsamen Forderungen der Resolution von 2014 hätten nach wie vor ihre Gültigkeit.

Ein weiteres Thema, bei dem der Bayerische Bezirketag parteiübergreifend Handlungsbedarf sieht, ist die Schaffung von Drogenkonsumräumen als Modellprojekte in Nürnberg und München. Die Staatsregierung hat es jedoch abgelehnt, die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Das Thema wird damit allerdings nicht von der Tagesordnung verschwinden. In diesem Zusammenhang dankte Wimmer Bezirketagspräsident Mederer im Namen der SPD-Fraktion. Mederer habe die Position des Bezirketages, ohne Wenn und Aber, auch gegen die Mehrheitsmeinung in seiner Partei vertreten.
Die vollständige Stellungnahme des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bayerischen Bezirketag finden Sie hier: Stellungnahme zum Taetigkeitsbericht 2016 des Bayerischen Bezirketags - Schriftform (PDF, 136 kB)

Christa Naaß, Gerhard Wimmer und Gisela Niclas bei der Vollversammlung des Bay. Bezirketags 2016
SPD-Bezirksräte aus Mittelfranken und Oberbayern; von links: Christa Naaß, Gerhard Wimmer und Gisela Niclas.

Psychiatrie in Bayern – Auftrag der Bezirke

Schwerpunktmäßig widmete sich die Vollversammlung im oberfränkischen Kloster Banz dem Thema Psychiatrie in Bayern und insbesondere den Inhalten eines bayerischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch erkrankte Menschen (PsychKHG). Die Staatsregierung plant, im Herbst 2016 Eckpunkte zum PsychKHG zu verabschieden, die dann Grundlage eines Gesetzentwurfes sein sollen. Da das Gesetz ein Kernstück bezirklichen Handelns regeln wird, hat der Bayerische Bezirketag seine Kernforderungen zu den Inhalten nochmals zusammengefasst:

  • Schaffung eines flächendeckenden Krisennetzwerkes mit sieben regionalen Leitstellen und aufsuchender Krisenintervention als neues verpflichtendes Strukturelement. Übernahme von mindestens 50 Prozent der ungedeckten Kosten durch den Freistaat.

  • Zwangsmaßnahmen sollen nur als „ultima ratio“ möglich sein. Regelmäßige Berichterstattung über Zwangsmaßnahmen und über die Zahl untergebrachter Menschen, Einrichtung eines zentralen Zwangs-Registers.

  • Verbesserung der Prävention von psychischen Störungen bspw. durch Fortbildungsangebote für medizinisches, soziales und pädagogisches Fachpersonal.

  • Verstärkte Einbindung von Selbsthilfe und Angehörigen.

  • Einrichtung regionaler unabhängiger Beschwerdestellen.

  • Neuregelung des Rechts der öffentlichen-rechtlichen Unterbringung nur im Falle einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung bei fehlendem freien Willen. Die Regelungen zur Zwangsbehandlung sollen entsprechend dem Maßregelvollzugsgesetz übernommen werden.

  • Verbindliche Kooperation und Vernetzung aller Akteure durch flächendeckende regionale Steuerungsverbünde.

  • Einführung einer Psychiatrieberichterstattung mit regelmäßiger Erhebung bevölkerungs-, einrichtungs- und maßnahmebezogener Daten, die dem Bayerischen Landtag vorzustellen sind. Die Weiterentwicklung der Versorgung soll durch ein vom Landtag beauftragtes Gremium begleitet werden.

Ein für den zweiten Tag der Vollversammlung vorgesehener Festvortrag („Mit dem PsychKHG das Morgen gestalten“) der bayerischen Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, musste ausfallen, da die Ministerin erst mit einiger Verspätung eintraf. Und auch bei der Podiumsdiskussion, u.a. mit einer Vertreterin der Psychiatrieerfahrenen, musste improvisiert werden, da die Ministerin zunächst nicht anwesend war. Als die Ministerin gegen Ende der Veranstaltung eintraf und sich in die Diskussion einklinkte, blieb sie trotz mehrfacher konkreter Nachfragen der Moderatorin die Antworten auf die zentralen Fragen schuldig: Wann kommt das Gesetz endlich? Wie wird der Freistaat es finanzieren? Dazu die Fraktionsvorsitzende der mittelfränkischen SPD-Bezirkstagsfraktion, Gisela Niclas: „Der Respekt der Ministerin vor dem Bezirkstag und seinen Gästen – darunter Betroffene – lässt deutlich zu wünschen übrig. Davon, dass das Thema PsychKHG angeblich höchste Priorität für die Ministerin hat, war an diesem Tag wenig zu spüren.“

Reden und Vorträge sowie weitere Informationen zur Vollversammlung finden Sie hier.

Teilen