Positionspapier der SPD-Bezirkstagsfraktion

02. Oktober 2018

Unsere Bezirkskliniken Mittelfranken: Unverzichtbar für die Gesundheitsversorgung in der Region

Was ist sofort, mittel- und längerfristig zu tun?

Arbeit der Bezirkskliniken muss öffentlicher Bewertung jederzeit standhalten können

Patient*innen, Mitarbeiter*innen und die Bezirksbürger*innen müssen sich darauf verlassen können, dass die in einer öffentlichen Einrichtung geleistete Arbeit, ganz gleich ob am Krankenbett, in der Verwaltung oder in der Führungsebene einer öffentlichen Bewertung jederzeit standhalten kann.

Die Mitarbeiter*innen leisten gute Arbeit: Danke!

Unsere rund 3000 Mitarbeiter*innen leisten tagtäglich mit hoher fachlicher Kompetenz und Motivation ihre Arbeit für die Patient*innen. Ihnen gilt unser besonderer Dank. Von ihnen ist der Erfolg unserer Kliniken abhängig. Sie tun ihre Arbeit unter dem Druck wachsender Ökonomisierung in der Medizin und zunehmendem Fachkräftemangel. Der Druck kommt vom Gesetzgeber und vor allem von den Krankenkassen.

Sonderprüfung: Chance für Kurswechsel

Die vor einem Jahr durch die Medien ausgelöste Debatte um die fragwürdigen Verhaltens- und Arbeitsweisen des Vorstandes Helmut Nawratil hat diesen Druck verschärft. Die Ergebnisse der Sonderprüfung bestätigen in einem erschütternden Ausmaß alle, die ebenso wie die SPD seit Jahren die kritische Auseinandersetzung geführt haben. Dadurch hat das Ansehen der Klinik Schaden genommen. Anstelle der Wahrnehmung der positiven Entwicklungen – kontinuierlicher Ausbau der wohnortnahen, dezentralen Versorgung durch Tageskliniken und Institutsambulanzen – steht jetzt das „System Nawratil“ im Vordergrund.
Dennoch: Die Sonderprüfung hätte ohne die Medien und die Öffentlichkeit im Bezirkstag keine Mehrheit gefunden. Sie ist eine Chance für einen Kurswechsel. Die Aufarbeitung darf sich deswegen nicht darauf beschränken, nur einen Kopf auszutauschen. Verwaltungsrat und Bezirkstag sind nun gemeinsam verpflichtet, schnell und umfassend Verfehlungen und mögliche Straftatbestände des Vorstandes aufzuklären, das „System Nawratil“ zu erfassen und durch Strukturveränderungen die Weichen für eine gute Zukunft der Bezirkskliniken zu stellen.

Das System Nawratil

Das System Nawratil ist bis in die jüngste Zeit gekennzeichnet v.a. durch Informationsverknappung, fehlende Transparenz über das operative Geschäft und ein undurchschaubares System von Beratungsnetzen, Outsourcing usw. Flankiert wird es durch Mehrheitsbeschlüsse von VWR-Vorsitzendem und CSU samt minimalistischer Protokollführung, das kritische Debatten nicht dokumentiert.
Die Grundlage für die Entwicklung dieses Systems hat der Träger selbst gelegt, in dem er 2005 aus den Kliniken nicht nur ein Kommunalunternehmen machte, sondern es durch Satzung weit weg rückte von der Verantwortung des Bezirkstages. Gab es vorher einen öffentlichen Krankenhausausschuss, wurde daraus der nichtöffentliche Verwaltungsrat, der Schwerpunkt „öffentliche Gesundheitsversorgung“ trat zurück hinter Ertragszahlen und Jahresabschlüsse. Gestützt durch eine CSU-Mehrheit versuchte Nawratil aus den Kliniken vor allem ein „Unternehmen“ zu formen.

Sofortige Konsequenzen:
* Aufarbeitung der Ergebnisse der Sonderprüfung
* Benennung eines neutralen Interimsvorstands durch einen Staatsbeamten/eine Staatsbeamtin (Abordnung, Amtshilfe)
* Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Sonderprüfern, keinesfalls erneuter Einsatz von Beratungsfirmen
* Stellungnahme für die Rechtsaufsicht: Einbeziehung des Liegenschaftsamtes der Bezirksverwaltung in die Erarbeitung
* Aufklärung der zivil -und strafrechtlichen Verantwortlichkeit des amtierenden Verwaltungsrates; ab November konstituiert sich ein neuer VWR, dieser muss sich abgrenzen gegen evtl. Haftungsansprüche
* (weitere Punkte siehe Anträge Nr. 1 und Nr. 2 der SPD-Fraktion vom 19.9.2018)

Mittel- und längerfristige Konsequenzen:
* Umstrukturierung der Leitungsebene des KU: statt Alleinherrschaft kooperative, transparente Verantwortung an der Spitze
* Umstrukturierung an der Spitze des VWR (Stellvertretung, 4-Augen-Prinzip), kooperative transparente Verantwortung an der Spitze; gemeinsame Führung statt bloßer Moderation
* Wiederaufnahme der, von der SPD bereits im Frühjahr 2017 veranlassten, Satzungsdebatte mit dem Ziel der Stärkung der Durchlässigkeit der Kommunikation zwischen VWR, Management KU, Ärzten, Pflegekräften, Personalvertretung
* Stärkung der Mitbestimmung der MA im VWR; siehe dazu Gesetzesinitiative der SPD
* „Gute Arbeit“ für die Mitarbeiter*innen , denn diese sind die Träger des Erfolgs der Klinik
* Stärkere Anbindung des KU an die politische Verantwortung des Bezirkstages: „Insourcing“ des Themas „Gesundheitsversorgung in der Region“
* Prüfung der Rückverlagerung des Baumanagements in die Liegenschaftsverwaltung des Bezirks
* Stärkere Kooperation bei Baumanagement und IT (Synergieeffekte für Bezirksverwaltung und KU)
* Keine Ausgliederung von Aufgaben und Beschäftigten des Kommunalunternehmens
* Dezentralisierung der Klinikstruktur nach dem Modell kbo (Bezirkskliniken Oberbayern)

Welche Gesundheitsversorgung erbringen die Kliniken in Gegenwart und Zukunft?

Die Dezentralisierung der Organisations- und Leitungsstrukturen der Kliniken ist Voraussetzung für eine moderne Gesundheitsversorgung in der Psychiatrie (Umsetzung PsychKHG) und Neurologie. Diese erfordert konsequente Vernetzung mit ambulanten Gesundheitsstrukturen in den Städten und Landkreisen.

Die SPD setzt sich seit Jahren ein für:
* Sanierung der Standorte Erlangen und Ansbach gemäß moderner Anforderungen
* Kleinere, dezentrale, wohnortnahe Standorte: Tageskliniken in Weissenburg-Gunzenhausen, Fürth, Neustadt/Aisch, Roth (geplant)
* Psychosomatische Klinik in Treuchtlingen (früheres Stadtkrankenhaus Treuchtlingen)
* Psychiatrische Klinik in Fürth (100 Betten von ER nach FÜ)
* Ausbau von psychiatrischen Institutsambulanzen (PIAs)
* Ausbau von Substitutionsangeboten
* „Hometreatment“ aufsuchende Hilfe in der geriatrischen Versorgung
* Aufbau von MVZs (Medizinische Versorgungszentren), v.a. in unterversorgten Gebieten
* Kooperationen und Verbünde mit kommunalen Kreiskrankenhäusern, Sicherung gefährdeter Standorte durch Schwerpunktbildung; Voraussetzung: Aufhebung der Fachgebietsbeschränkung (siehe dazu Antrag und Gesetzesinitiative der SPD)
* Vernetzung der Kliniken und ihrer Angebote mit den ambulanten Strukturen in der jeweiligen Gesundheitsregionen

Stand: 01.10.2018

Die SPD-Bezirkstagsfraktion: Wolfgang Beigel, Dr. Horst Krömker, Christa Naaß, Gisela Niclas, Ronald Reichenberg, Amely Weiß und Elke Zahl

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